Neujahrsblatt herausgegeben von der ztadtbibliothek in Züric 7 auf das Jahr 1865. 0 3 * g 5 5 o 3 — — Erinnerungen an Zwingli. ————⏑—— — — — — — — Zürich, Druck von Orell, Füßli und Comp. *J HVBLDRYCHVS XVINGLIVS. Aſch dem —— 000— — ————Aoper Erinnerungen an Zwingli. Es iſt ein wohlbekanntes Bild, das wir dieſem Blatte vorangeſtellt haben, das Bild unſers Zwingli, nach dem Gemälde ſeines Zeitgenoſſen Hans Aſpers. Es gilt uns dieſes Gemälde, ſchon durch ſein Alter nicht unbedeutend, umſo mehrfüreinen Schatz unſerer Stadtbibliothek, als es das einzige iſt, das die Züge des Reformators auf uns gebracht hat.“ Dasoftvervielfältigte Bild erſcheint hier zum erſten Mal photographiſch wiedergegeben, und wir beſtimmten es zum Schmuck unſers Neujahrsblattes, weil wir, fortfahrend unſre geneigten Leſer mit den Merkwürdigkeiten unſerer Bibliothek näher bekannt zu machen, dießmal dazu einige Erinnerungen an unſern Reformator Zwingli gewählt haben, von dem einſt wie über das weitere Vaterland ſo namentlich über unſere Stadt ein neues Licht ausgieng, das nicht nur im Glaubensleben Nacht und Schlaf in Tag und Thatkraft umwandelte, ſondern auch der Wiſſenſchaft eine Heimat gründete, in der ſie noch heute um ſo ſchöner blüht je treuer ſie der Freiheitund dem Ernſte jener großen Zeit bleibt. Darum wenn wir auch nicht in äußerlicher Weiſe Reliquien unſerer großen Männer verehren wollen, ſo werden wir doch mit Recht die Gegenſtände hoch ſchätzen die ihnen im Leben nahe waren, zumal diejenigen welche Zeugen ihrer Geiſtesarbeit ſind oder aus dieſer ſelbſt hervorgiengen. Ein ſolches ſprechendes Denkmaliſt vor allem die Abſchrift der Pauliniſchen Epiſteln von Zwinglis eigener Hand,die unſre Bibliothek beſitzt. Esiſt bekannt, daß die Erfindung der Buchdruckerkunſt lange vorher in den Dienſt ſowohl der alten Scholaſtik als des neuerwachten Studiumsder alten Welttrat, eheſie der heiligen Schrift ſich zuwendete, gleichwiedieſe ſelbſt erſt wieder aus dem Staube der über ſie aufgethürmten Schulweisheit mußte hervorgezogen werden. Die Com— mentare des canoniſchen Rechtes, die Auslegungen und Repertorien der Bibel, dieſe ſelbſt in der althergebrachten Lateiniſchen Ueberſetzung, ja auch in Deutſcher Sprache nach jener, wenig verſtändlich, wiedergegeben, füllen neben den Ausgaben der Römiſchen und auch Griechiſchen Schriftſteller die gewaltigen oft ungefügen, meiſt noch rohen, doch hie und da ſchon edel geformten Bücher des fünfzehnten Jahrhunderts; aber die Bibel ſelbſt begegnet uns nur ſelten in den angedeuteten Ueberſetzungen, das Alte Teſtament in einigen von Juden beſorgten Hebräiſchen Ausgaben, das Neue iſt im Urtext nie vor 1514 gedrucktworden. In jenem Jahrnämlich warddieſer Theil Die Sage von einem Gemälde Zwinglis von Holbein das ſich in Stuttgart gefunden, hatſich bei näherer Nachforſchung als völlig grundlos erwieſen, da jenes Gemälde einen jungen Mann von ganzanderer Geſichtsbildung zeigt. Der mit Holbeins Namen verſehene Kupferſtich vor: Huldreich Zwingli. Von R. Chriſtoffel, Elberfeld, 1857, iſt eine kaum veränderte Nachbildung des Aſperſchen Gemaldes. — 2 Vondieſen Deutſchen nach der Lateiniſchen Ueberſeßung gearbeiteten Bibeln beſitzt unſere Bibliothek die ſechs erſten Ausgaben, von 1466 bis 1480 gedruckt. — — des Werkes vollendet, das der große Kirchen- und Staatsmann Cardinal Ximenes in Toledo anfertigen ließ, der ſogenannten Complutenſiſchen! Polyglotte, die das Alte Teſtament in Hebräiſch, Griechiſch, Latein und zum Theil Chaldäiſch, das Neue in Griechiſch und Latein enthält. Allein nicht nur war das ganze Werkerſt 1517 vollendet, ſondern es ward erſt 1520 veröffentlicht, und ſo war das erſte gedruckte Neue Teſtament, das die gelehrte Welt ſah, dasjenige, welches 1516 zu Baſel bei Froben herausgekommen iſt. Der gelehrte Erasmus hatte auf den Wunſch des betriebſamen Buchdruckers dieſe Arbeit übernommen, die übrigens ziemlich flüchtig aus einigen jungen Handſchriften angefertigt wurde. Aeußerlich aber warſie glänzend ausgeſtattet, in Folio— Format, mit ſchönen Lettern, in zwei Columnender Griechiſche Text und die von Erasmus verbeſſerte Lateiniſche Ueberſetzung, am Schluſſe nicht unbedeutende Lateiniſche Anmerkungen von Erasmus. Das Werkfandſolchen Beifall daß es nichtnur 1519, 1522, 1527, 1585 wiederholt, ſondern auch mehrfach nachgedruckt wurde. Dieſe erſte Ausgabe des Griechiſchen Teſtamentes war nun im Jahr 1517 entweder im eigenen Beſitz von Ulrich Zwingli, oder, was wahrſcheinlicher iſt,? ſie gehörte dem Kloſter Einſiedeln, wo dieſer ſeitdem Sommer 15146, berufen von dem Adminiſtrator Diebolt von Geroldseck, als Leutprieſter lebte. Wiedemſei, er wünſchte zum ungehinderten Gebrauch die Epiſteln des Apoſtels Paulus, dieſe Grundlage der Theologie, ſich eigen zu machen, und ſchrieb ſie daher mit eigener Hand ſich ab, und dieſe Abſchrift iſt der angedeutete Schatz unſerer Bibliothek. In kleinem Octav⸗Format auf dreiundvierzig Bogen (von je vier Blättern, zwei von dreien, einer von zweien, am Ende zwei Blätter leer) nicht weißen noch ſehr feinen aber ſtarken Papiers ſind ſämmtliche Briefe des Apoſtels, ſamt dem ihm damalsauch zugeſchriebenen Briefe an die Hebräer, in hübſcher deutlicher Griechiſcher Schrift enthalten. Daß ſie aus der genannten Ausgabe des Erasmusabgeſchrieben ſind, zeigen nicht nur die beibehaltenen Abtheilungen, ſondern eine Menge von Einzelheiten, ſelbſt herübergenommene underſt nachher verbeſſerte Druckfehler. Auf dem breiten Rande ſind, meiſt in überaus feiner nicht immerleicht zu leſender Schrift, vielfache Anmerkungen in Latein beigefügt, Ueberſetzungen einzelner Worte (ſelten ſind ſolche auch zwiſchen die Zeilen des Textes geſetzt), Angaben angeführter Schriftſtellen, befonders aber Erläuterungen aus den Kirchenvätern, Origenes (zumeiſt zum Römerbrief), Ambroſius, Hieronymus, Auguſtinus, Baſilius und einem Unbekannten (Incertus), endlich aus den Anmerkungen des Erasmus. Am Schluß aber hat Zwingliſelbſt hin— geſchrieben: πιον αανοναι ιι Eonuov ανοιοσ ιιενοο ο —αοινασ Zuνι Acuyy Aßeα οοσ ιιοοαι αιNσ αν deι αò ο οναο νöòσ oruιοινοο Evrιyguαν. Zu Deutſch: „Dieſe Briefe ſind geſchrieben zu Einſiedeln der ſeligen Mutter „Gottes, von Huldrych Zwingli aus Toggenburg im Schweizerland, im Jahr eintauſend fünfhundert und ſiebzehn „nach Gottes Geburt, im Brachmonat. Mit Glück!“ Im Innern des neuen Pergamentbandesſtehtdieſe Inſchrift in Latein: „Dieſe Epiſteln des ſeligen Apoſtels Paulus, von der arbeitſamen Hand M. Ulrich Zwinglis des frommen Reformators der Zürcheriſchen Kirche Ao. 1517, als er noch im Pabſtthum war, wie dasletzte Blatt bezeugt, mit eigener Hand geſchrieben — hat Anna Zwingli, jenes großen Zwinglis Urenkelinn und leider letzter Sprößling des geſegneten Geſchlechtes zu Von Compulutum, dem Lateiniſchen Namen von Alcala, auf deſſen von Fimenes geſtifteter Univerſität das Werk bearbeitetwurde. Auch dieſen Schatz beſitzt unſere Stadtbibliothek. — 2 InEinſiedeln iſt das Buch laut gefälliger Mittheilung des HerrnBibliothecar Gall Morell gegenwärtig nicht vorhanden. Das Exemplar unſerer Stadtbibliothek iſt erſt im achtzehnten Jahrhundertin deren Beſitz gekommen und trägt die Namen Nichtzürcheriſcher Beſitzer aus dem ſechszehnten Jahrhundert. — Die Abbreviaturenvon or, und 750 ſind aufgeloöst, das Uebrige genau nach dem Original. DieFehler desſelben mogen daran erinnern, wie ſchwerdamals auch dem Gelehrken die grammatiſche Grundlage zugänglich war, waährend die Anmerkungen das Beſtreben nach gründlichſterAneignung des Textes beurkunden — — ſtetem Andenken der Frömmigkeit und Tugend ihres Ahnherrn der edlen Bürgerbibliothek von Zürich gewidmet Ao. 1634“. Es warnämlich Zwinglis männliche Nachkommenſchaft ſchon mit ſeinem Enkel erloſchen; deſſen einzige überlebende Tochter Anna, ſeit 1612 mit Caſpar Kramerverheirathet, ſchenkte alſo dieſes koſtbare Erbſtück der neugeſtifteten? Bibliothek, die dann billig auch ihr eigenes Andenken in dankbaren Ehren hält. Sind dieſe Pauliniſchen Briefe ein ehrenvolles ja rührendes Denkmal von Zwinglis Eifer in Erforſchung der heiligen Schrift, ſo iſt ein zweites Bibelbuch im Beſitz unſerer Stadtbibliothek, ſchon anſicheinlitterariſcher Schatz, ebenfalls ein Zeugniß von Zwinglis Schriftforſchung und zugleich ein Zeuge ſeines häuslichen Glüſckes. Das Alte Teſtament im Hebräiſchen Urtert war, wie ſchon bemerkt, noch im fünfzehnten Jahrhundert mehrfach gedruckt worden: aber die Griechiſche Ueberſetzung der ſogenannten ſiebzig Dollmetſcher, in Alexandria im dritten Jahrhundert vor Chriſto entſtanden, dieß hochwichtige Hülfsmittel zum Verſtändniß des Urtextes, wurde wie das NeueTeſtament in der Complutenſiſchen Polyglotte zuerſt gedruckt, aber der Veröffentlichung noch vorenthalten. Da war es imJahr 1518 die berühmte Druckerei von Aldus in Venedig,welche dieſe Griechiſche Bibel zugleich mit dem Neuen Teſtament in würdigſter Ausſtattung den Schriftforſchern zugänglich machte. Der Gründer der Druckerei, Aldus Manutius, hatte das Werk wohlinſeinen letzten Lebensjahren noch vorbereitet, ſtarb aber im Jahr 1515, ſein Schwiegervater Andreas Aſulanus führte das Gefchäft für ſich und die minderjährigen Söhne weiter, und aus deſſen Preſſe gieng das Werk hervor, in großem Folio— Formatin zwei Columnenmitſchöner Schrift auf prächtigem Papier, das Alte Teſtament aus Handſchriften, das Neue nach Erasmus Ausgabeabgedruckt. Dieſes ausgezeichnete Buch nun warim Beſitz Ulrich Zwinglis; wie früh, wiſſen wirnicht, jedenfalls ſchon 1524. Undauch in demſelben legte er die Spuren ſeiner Studien in der heiligen Schrift nieder. Von Anfang an und durch die Mehrzahl der Bücher hindurch finden auch hier ſich am Rande vielfache Eintragungen von Zwinglis Hand. Zumeiſt ſind es Hebräiſche Wörter, welche den Griechiſchen Ausdrücken entſprechen, dann Erklärungen des Griechiſchen aus Heſychios und anderswoher, ferner Angaben über die Abweichungen der Ueberſetzung vom Grundtert, Einſchaltungen der dort mangelnden Sätze oder Stücke. Dieſe Bemerkungen fehlen nur beim Pſalter, bei den Sprüchen und dem Hohen Liede, und den Apokryphen, endlich beim Neuen Teſtament, hier und beim Pſalter gewiß deßhalb weil andre, kleinere Ausgaben zu ſolchem Handgebrauche be— ſtimmt waren. Endlich aber hat Zwingli in dieſer ſeiner Haus- und Hauptbibel noch die Innenſeite des Schlußdeckels dazu benutzt, um die Geburtſeiner Kinder dort einzutragen, in ähnlicher Weiſe wie noch bis in die Neuzeit fromme Eltern dieſe Freudenpunkte ihres Lebens in dem Hausſchatze der heiligen Schrift bezeichneten, um ihnen ſo zugleich die höhere Weihe und das Andenken für kommendeGeſchlechter zu verleihen. Wir führen auch dieſe Inſchriften zuerſt im Lateiniſchen Originaltert an, nur mit Auflöſung der Abkürzungen. Regula Zuinglia nata est, anno à Christo nato. M. D. XXIIII. Vltima die lulii quae dominics eérat ante auroram in ipso ferme puncto meédiae inter secundam et terciam horae. Ad baptismum tulerumt Heinrychus Vtinger Custos et Regula Swendin vidua vxor quondam Caspar NMurers Basiliensis. Guilielmus Zuinglius in lucem prodiit anno. M. D. XXVI. Vicesima nona die lanuarii hora fermé vndecima post eius diei uesperam. Ad Baptismum tulerunt Guilielmus à Cella et Anna källerin dispensatrix OGedembachici monasterii. Zwinglis SohnUlrich, geb. 1528, geſt. 1571, hatte zwei Söhne. Dereine, Rudolf, ſtarb mit zweiundzwanzig Jahren zu London, der zweite, Ulrich, geb. 1556, geſt. 1601, vermählt mit Magdalena Kilchſperger, hatte vier Söhne, Andreas, Ulrich, Rudolf, Heinrich, die aber alle minderjährig ſtarben, Andreas als Studioſus im vierzehnten Jahre. — »Vergl. Geſchichte der Waſſerkirche, 3. Heft, oder Neujahrſtück der Stadtbibliothek auf 1844. — — Huldrychus Zuinglius meus Huldrychi Zuinglii ßlius effusus est, anno. M. D. XXVIII sexta die lanuarii hora media à secunda ad terciam antelucanam. Ad baptismum tulerunt Huldrychus Trinckler et Elizabeth Lybin vxor loannis Effingeri quondam praetoris. Amna Zuinglia nata est mihi, ex Anna Reinhardina ex qua et superiores omnes, Anno à Christo nato. M. D. XXX quarta die NMaii, hora post crepusculum decima. Ad baptismum tulerunt Fœlix Fry Prepositus collegii: et Anna à Griessenberg vidua. Nortoaest. Zu Deutſch: Regula Zwingli ward geboren im Jahr vonChriſti Geburt 1524, amletzten Tag Heumonats, der ein Sonntag war, vor Tag, faſt gerade mitten zwiſchen zwei und drei Uhr. Zur Taufe trugen ſie Heinrych Utinger der Cuſterund Regula Swendinn verwitwete Ehefrau Caſpar Murersſel. von Baſel. Wilhelm Zwingli kam ans Licht der Welt im Jahr 1526, am neunundzwanzigſten Tag Jenners, ungefähr um elf Uhr nach dem Abend. Zur Taufe trugen ihn Wilhelm von Zell und AnnaKällerinn Schaffnerinnim Kloſter Oedenbach. Huldrych Zwingli, mein Huldrych Zwinglis Sohn, kam zur Welt im Jahr 1528, amſechsten Tag Jenners in der Stunde zwiſchen zwei und drei vor Tag. Zur Taufe trugen ihn Huldrych Tinckler und Eliſabeth Lybinn die Ehefrau Johannes Effingers des Altſchultheißen. Anna Zwingli ward mir geboren von AnnaReinhardinn, vonder auch die vorigen alle, im Jahr von Chriſti Geburt 1530, am vierten Tag Mayen, umzehn Uhr nach Abend. ZurTaufetrugenſie Felix Frey Propſt der Stift und Anna von Grießenberg die Witfrau. Sieiſt geſtorben. Und amlinken Randeiſt beigeſchrieben, bei Regula: in aedihus quae vocantur Gandenheimers, pone uicum qui dicitur in der nüwen statt. In dem Hauſe, ſo man heißt des Gandenheimers neben der Gaſſe die heißt in der Neuſtadt; bei Wilhelm: In aedibus Schulherry vocatis. In dem Hauſe ſo man Schul— herrei nennt; bei Huldreich: In aedibus praefecturae scholarum. ImHauſe zur Schulherrei; bei Anna ebenſo; endlich, zu allen vieren bezogen: Tiguri, zu Zürich. Das Haus ſo manheißt des (Caplan) Ganden⸗ heimers war das obere Eckhaus der mittlern Kirchgaſſe, bis zur Aufhebung der Stift meiſt die Wohnung des einen Archidiacons. Es war dieß Zwinglis zweite Wohnung,dieerſte die Leutprieſterei, die letzte die Schul— herrey, ſpäter Schuley genannt, das Haus, das, nunmehr unter anderm zur Helferei beſtimmt, noch in ſeinem jetzigen Umbau das „Zwingliſtüblein“ bewahrt hat. Werfen wir noch einen Blick auf die verzeichneten Kinder und Taufpathen. Regula Zwingli iſt die nachmalige Gattinn Rudolf Gwalters, des zweiten Nachfolgers Zwinglis im Vorſtand der Zürcheriſchen Kirche. Sie wie den ältern Sohn Zwinglis ſammtſeiner Wittwehatte deredle Bullinger zu ſich genommen, als er nach jenes Tod anſeine Stelle trat, ebenſo nahm er den 1519 geborenen, früh verwaisten Gwalther in ſein Haus auf, nachdem er in Kappel deſſen Lehrer geweſen war; hier lernte der Pflegeſohn die Pflegetochter kennen und lieben, und als er 1541 vonſeiner Studienreiſe zurückgekehrt war, vermählte er ſich mit derſelben. Regula Zwingli begleitete ihren Gatten 1541 in die Leutprieſterey zum Großmünſter, im ſelben Jahr ins Pfarrhaus zum St. Peter, wo ſie mit ihm vierundzwanzig Jahreeiner durch Liebe und Treue glücklichen Ehe verlebte!, bis ſieim Jahr 1565 ſtarb; ihr Gatte, nachmals mit Anna Blarer, der Tochter des geweſenen Bürgermeiſters Thomas Blarer von Conſtanz, wieder vermählt, ward dann Meine Gattinn, ſchrieb Gwalter nach ihrem Tode, die Zierde des weiblichen Geſchlechtes und meine treue Lebensgefährtinn, iſt entſchlafen; vierundzwanzig Jahre lang hat ſie mit mir in unveränderlicher Einigkeit gelebt. Nun lebt ihr Geiſt im Himmel, ihr Leib aber ruht aus von allen Beſchwerden und Mühſalen.“ Vergl. Neujahrſtück der Chorherrn auf 1829. S. 4. — — 1575 Antiſtes und ſtarb 1586. Regula hatte ihm fünf Kinder geboren: Anna, die nachmalige Gattinn Heinrich Bullingers, des Sohnes des Antiſtes, der ſeines Schwiegervaters Gehülfe als Diacon und Nachfolger als Pfarrer bei St. Peter war; Magdalena, nachmals Gattinn von Joſias Simmler,als deſſen erſte Gattinn, Bullingers Tochter, geſtorben war, und nach ſeinem Tode von Heinrich Wolf, Pfarrer beim Fraumünſter; Rudolf, Diacon zu St. Peter, ſchon 1577 geſtorben; Jakob, in zartem Alter geſtorben; Adelheid, geſtorben 15753 und Regula, ebenfalls im zweiten Lebensjahre geſtorben. Vondieſer älteſten Tochter Zwinglis beſitzt die Stadtbibliothek ein Gemälde von der Hand Hans Aſpers, das ſie in ihrem fünfundzwanzigſten Jahre, mit ihrem damalsſieben Jahre alten Töchterchen Anna,darſtellt, und in dem wirdie Zügeihres Vaters deutlich erkennen. Eine Nachbildung dieſes Bildniſſes in trefflicher Lithographie enthält das Neujahrſtück der Künſtlergeſellſchaft auf 1843. (Neue Reihenfolge III.) Wilhelm ſtudierte Theologie in der Heimat und im Auslande, wardaber ſchon 1541 in Straßburg, ein Opfer der Peſt, von frühem Todedahingerafft. Huldreich folgte der Laufbahn ſeines Vaters, obwohlinbeſchränkterer Stellung. Er ward1538 Stipendiat 1547 zu Baſel Magiſter der Philoſophie, 1549 Leutprieſterzum Großmünſter, 1556 Lehrer des Hebräiſchen am Collegium Carolinum, 1557 Pfarrer zum Predigern und Profeſſor des Alten Teſtamentes, und ſtarb 1574. Auch ſeine erſte Gattinn war die Geſpielinn ſeiner Jugend, Bullingers älteſte Tochter Anna, mitder er ſich 1549 vermählte; als ſie im Jahr 1565 gleich ihrer Schweſter und Schwägerinn an derPeſt geſtorben, ward ſeine zweite Gattinn Regula Schönenberger. Sein gleichnamiger Sohn, geboren 1556, wardebenfalls Profeſſor der Theologie und ſtarb 1604: mit ihm erloſch, wie ſchon bemerkt, der Mannesſtammdes Reformators. Anna Zwingli ſtarb ſo früh, daß der Vater noch ſelbſt das ſchmerzliche Todeswort der freudigen Kunde ihrer Geburt hinzuzufügen hatte. Unter den Pathen wardererſte der Cuſtos (Schatzbewahrer) Heinrich Utinger, neben Zwingli das hervor— ragendſte Glied der Stift zum Großen Münſter. Wegenwiſſenſchaftlicher Befähigung von Rom aus ausge— zeichnet (mit der Würde eines Protonotariusund Comes Palatinus 8S. Palatii etAulde Lateranensis), war er es vorzüglich, der die Berufung Zwinglis zum Leutprieſter betrieb, ſowie ſpäter ſeine Beförderung zum Rang und Gehalt eines Chorherrn; er vertheidigte ihn 1520 bei Propſt Frei, als dieſer noch gegen ſeine Neuerungen eingenommen war.? Im September 1523 übergab er mit dem Propſt und dem Chorherrn Anton Walder dem Rath den Antrag zur Reformation der Stift. In der Diſputation über die Bilder und Meſſe ſprach er laut ſeine freudige Zuſtimmung zuderſiegreichen Lehre Zwinglis aus, und war nachher, da Chorherr Hofmann, noch eine Diſputation im kleinen Kreiſe der Gelehrten begehrte und erlangte, Mitglied der Abordnung, die das erfolgloſe Ende auch dieſes Verſuches an den Rathberichtete,worauf dann der Rathſeine Chriſtliche Anleitung an die Prediger zur Verkündigung des Evangeliums erließ.“ ImJahr1328endlich bei Errichtung des Ehe— gerichtes war er einer dererſten geiſtlichen Beiſitzer. Auch er verehlichte ſichnoch 1825 mit Anna Näf und ſtarb am 6. Auguſt 1556. Frau Regula Maurer, geborne Schwend, iſt uns unbekannt: eine Regula Schwendfindet ſich im Anfang des Jahrhunderts in dem Dominicaner Frauenkloſter zu St. Verena in der Brunngaſſe, nachmals zur Froſchau genannt. 1 Das en Zwinglis von Hans Aſper hat gleiches Format mit dem Bilde der Tochter und ſcheint ſomit ebenfalls erſt 1549 gemahlt zu ſein. Dafür ſprechen auch die Inſchriften. Oben: Huldrychus Zvinglius. Dum patriae quaero per dogmata sancta salutem, Ingrato patriae caesus ab ense cado. Zur Seite: Obiit anno domini MDXXXI. Ocdob. Aetatis suae XLVII. — Vergleiche die Briefe bei Schuler und Schultheß, Zwinglis Werke VII. 1518, 14-18. 1520, 10. — Bullinger Reformations— geſchichte J. 8. 113 -119. — Ebend. S. 189-142. — —— Herr Wilhelm von Zell begegnet uns noch in einem Briefe, den er am 16. December 1527 von Mundel⸗ heim in Schwaben anſeinen „von Herzengeliebten Gfatter“ ſchreibt, in einer nicht unverfänglichen Ange⸗ legenheit, da er Briefe von Zwingli an den Pfalzgrafen Wilhelm bei Rhein, und an Dr. Eck in Ingolſtadt übermachen ſoll, welche für dieſe nichts angenehmes ſcheinen enthalten zu haben. Erverſpricht auch für ſich oder doch für Freunde das Kommen zur nahen Diſputation in Bern. „Alſofreundlich geliebter Gfatter habt Ihr was ich geſchryben. — Der Herr thüe Euch wol vnd ſin Gnad wohne Euch alzyt by. Grüßet mir mein hertzliebe Gfatter-Gotte und alle wie Ihr zu thun wiſſet gegen minen Herren und Fründen. Dingetreuer Bruder und Gfatter W. von Zell zu M.“ Undnach derSchlacht bei Kappelſchreibt Michael Keller, Prädicant zu Augsburg, in einem Troſtbriefe an die Witwe Zwinglis: Gegenwärtig iſt unſer liebe alte Bruder, Junker Wilhelm vonZell, bei Euch, den der Herr ohne beſondre Schickung nicht hat kommen laſſen: der wird Euch wohl tröſtlich ſeyn. Ich wollte gern, daß er noch ein Weilchen bei Euch bliebe. Eriſt ein frommesliebes Herz Bottes. Den wollet Ihr mir im Herren grüßen. Und weiterhin: Darumbitte ich Euch, Ihr wollet den Junker WilhelmvonZellerſuchen daß er mirvertraulichſchreibe.! Von Frau AnnaKellerinn wiſſen wir nur, daß ſie aus vornehmemGeſchlechte war, ihr Vater Junker Hans Keller, ihre Schwäger angeſehene Männer. Ulrich Trinkler, gleichfalls vornehmen Geſchlechtes, von 1511 bis 1518 Zunftmeiſter, ſeit 1526 Rathsherr, früher im Kriegsrath des Mailänder Feldzuges, war einer der früheſten Freunde der Reformation, und ſchon der Bilderſtürmer Hottinger berief ſich 1523 auf ſein Vorgehen in Entfernung der Bilder aus der Kirche, wobei freilich Trinkler ſchonender und eher berechtigt zu Werke gegangen. Dannſehenwirihn unterden vier Pflegern der Stift, ſowohl bei der erſten Uebergabe, als bei der ſpätern Verwendung der überflüſſigen Pfründen für das Almoſenamt, 1525 und 1526. Und als nach Zwinglis Tod ſein Nachfolger zu erwählen war, wurde mit Propſt Frey, Chorherr Utinger und Oberſtmeiſter Ochsner, Trinkler an Bullinger abgeordnet, mit der Aufforde— rung, die Berufung nach Bern und Baſel abzulehnen und an Zwinglis Stelle zu treten. Wielange er in Zürich noch dieſem Nachfolger ſeines Freundes zur Seite geſtanden, iſt uns nicht bekannt geworden. Auch die WitwedesSchultheißen HansEffingeriſt uns nicht näher bekannt; ihr Gatte, in den Italieniſchen Feldzügen (1521) mit Ruhmgenannt,? war der Vormund der Kinder von Zwinglis Gattinn Anna Reinhard aus erſter Ehe, und als ſolcher im Jahr 1524 mehrfach ſowohl ihrem Bruder als ihr ſelbſt gegenüber an gerichtlichen Verhandlungen betheiligt, da die Verabfolgung ihres Vermögens auf Schwierigkeiten ſtieß.“ Wie wenig aber dieſe Verhandlungen einem freundlichen Verhältniß Abbruch gethan, ſehen wir aus der Verbindung der Witwe mit dem Zwingliſchen Hauſe, wo wir ihr noch einmal als naher Freundinn begegnen werden. Felix Frey, der zu Paris Meiſter der freien Künſte geworden, ward 1516 Propſt der Stift zum Großen Münſter und hatte als ſolcher auch einen beſondern Antheil an Zwinglis Berufung, konnte aber nur allmälig in die Neuerungen in der Kirche ſich finden. Noch im Jahr 1519 übergab er Zwingliſchriftlich ſein Bedenken gegen die Schmälerung der Intereſſen des Gotteshauſes die er vondeſſen Predigt befürchtete, worauf aber Zwinglis Werke VIII. 1527, 102. Heß, Anna Reinhard S. 156. (2. Ausg. S. 245.) Möchte ein Kennerder Einzelnheiten Schweizeriſcher oder Schwäbiſcher Geſchichte uns nähere Nachrichten über dieſe wie es ſcheint anziehende Perſönlichkeit geben können. — 2 „Alsvfeinzit ein bezalung erlegt, ward Schuldheißen Effinger von Zürych, der ein frommer bürgerlicher und wäſenlicher mann was, mee ggäben dann im aber hört. Deßhalbentrug er das gält, deß ſunſt ein gute ſumma was, vndfürgeſchoſſen, den muſter— herren vnd dem Cardinal widerumin ir herberig. Das namſyfaſt wunder, diewyl ſy ſömlichs nit gewon, vndſagt der Cardinal, manhätte im mitflyß als einem eerlichen redlichen man, zu vil vnd für gäben, dorumſöllte ers zur eerung behalten. Antworter, mich vernügt wol an minem ſold, vnd iſt das nit min, dorum will ichs nit, vnd nämend ir das üwer für das üwer.““ Bullinger a. O. J. S. 65. Hottinger, Geſchichte der Eidgenoſſen. JI. S. 427. — *Heß, AnnaReinhard. S. 192 ff. (287 ff.) * — — jener in ſeiner offenen Weiſe mündlich die Verkündigung der Wahrheit vor ihm verfocht.“ Aber ſchon im September 1528 übergab er, wie wir geſehen, nebſt den Chorherrn Walder und Utinger dem Rath den Antrag zur Reformation der Stift, deh. zur Erleichterung der Gebühren und zur Verwendungder überflüſſigen Pfründen für Schule und Pfarrdienſt. Bei der Diſputation im October erſcheint er noch ſchwankend und über manche Schwierigkeit nicht hinauskommend, aber freundlich erbittet und empfängt er Zwinglis Belehrung, und mit den edlen Männern, dem Bürgermeiſter Vadian von St. Gallen, dem Abt Joner von Kappel und dem Comtur Schmid von Küßnach, erhebt er ſeine Fürſprache für die um desBilderſturmes willen gefangenen Hottinger und Genoſſen.“ Im Jahr 1526 ſehen wir dannauch ihn zur Ehe ſchreiten.“ Als aber im Jahr 1525 der Rath die Schätze des Münſters zu Handen nahm und manche Chorherrn,erzürnt hierüber, ſich in üblen Reden ergoſſen und dafür in den Wellenberg gefangen gelegt wurden, da ward auch der Propſt ſolchen Widerſtandes verdächtig und ebenfalls in den Wellenberg geführt, doch in Kurzemwieder entlaſſen, und bei ſeiner Verantwortung auf dem Rathhausſtellte es ſich bald heraus, daßerfälſchlich angetlagt geweſen. Alserendlich 1555 in hohem Alter zum Sterben kam, bater in einemAbſchiedsſchreiben die Regierung dringend, der Stift, deren weltliche Hoheiten er ſelbſt dem Staate übergeben hatte, deren Probſt oder Verwalter er aber geblieben war, ihre Selbſtändigkeit, gemäß ihrem frühern Verſprechen, nichtzu nehmen — was bekanntlich auch erſt nach drei Jahrhunderten geſcheheniſt. DieWitweAnnavonGrieſenberg endlich iſtuns ganz unbekannt. Das— der Herrn von Grieſenberg war ſchon im vierzehnten Jahrhundert erloſchen, Beſitzer von Grieſenberg aber war ſeit 1508 Heinrich von Ulm.« Alſo magdieſe Anna eine Freiinn von Ulm geweſen ſein, vielleichteine Anverwandte jenes Johannes von Ulm, der an Bullinger überſeine edle Schülerinn Johanna Grey geſchrieben hat. DerVollſtändigkeit halber fügen wir noch das Verzeichniß der Kinder von Ulrich Zwingli dem Sohnebei, welches dieſer unter und neben der Einzeichnung ſeines Vaters ebenfalls Lateiniſch in dieſelbe Griechiſche Bibel eingetragen, doch geben wir nur die Deutſche Ueberſetzung. Kinder Huldrych Zwingli des Jüngern von Anna Bullingers Tochter: Rudolf Zwingli kam an das Licht der Welt im Jahr 1554 am 14. Tag Aprils zwiſchen ein und zwei Uhr Nachmittags. Zur Taufe trugen ihn Hr. Rudolf Collin s von Luzern, am Collegiumzu Zürich Griechiſcher Profeſſor. Und Eliſabeth Lybinn, Hrn. Johannes (Heinrich) Walder ſel. Bürgermeiſters der Stadt Zürich Ehefrau— (Wohldie Taufpathinn des Vaters, nach dem Todeihres Gatten Effinger die dritte Gemahlinn des Bürger— meiſters Walder.) Zu Zürich, im Hauſe zurLeutprieſterei genannt. Verena Zwinglinn ward mir geboren im Jahr 1552 am 7. November zwiſchen drei und vier Uhr. Zur Taufe trugen ſie Hr. Joh. Jakob Ammann von Zürich, am Collegium zu Zürich Schulherr und Profeſſor der Logik. Und die edle Jungfrau Verena Zollerinn. Zu Zürich, im Hauſe zur Leutprieſterei genannt. Anna Zwinglinn ward mir geboren von Anna Bullinger, von der auch die beiden andern, im Jahr von Chriſti Geburt 1554 am 10. October vor Tag gerad in der Mitte zwiſchen zwei und drei Uhr. Zur Taufe trugen ſie Heinrich Geßner, Krämer von Zürich, und Anna Funkinn, Johannes Funk von Memmingeneheliche Tochter. Zu Zürich, im HauſezurLeutprieſterei genannt. Huldrych Zwingli, Huldrych Zwinglis Sohn, kam zur Welt im Jahr 1556 am285. Juli zwiſchen vier und fünf Uhr vor Tag. Zur Taufe trugen ihn M. Johannes Küng des Raths und Barbara Murerinn die dazumal meine Magd war.“ ImHauszurLeutprieſterei genannt zu Zürich. „S.denoben angeführten Brief Zwinglis vom 16. Febr 1520. — 2L. Hätzer, Acta der Diſputation. — »Bernhard Weiß bei Füßlin, Beyträge. IV. S. 47. — Acta Eccles. Tom. J. 447 d. III. 320. — * Mittheilung des Herrn Decan Pupikofer — Bgl. Zurcher Taſchenbuch auf 1859, unddie reichhaltige Schrift: Rudolf Collin. Von K. Furrer. 1862. — 7 Wieeinſt Bullingers MagdBrigitta („das Bridli“) die Pathinn eines ſeiner Kinder geweſen war. VBgl. Peſtalozzi, H. Bullinger. S. 314. 316 —— Eliſabeth Zwinglinn, die dritte Tochter von Anna Bullingerinn, ward mir geboren im Jahr 1558 am27. März zwiſchen zwölf und ein Uhr Nachmittags. Zur Taufe trugen ſie Nicolaus Köchly, Obmanngemeiner Klöſter von Zürich, und Verena Rordorfinn, Jakob Rordorfen Ehefrau. Im Haus zum Grimmenthurn. Endlich bewahrt die Stadtbibliothek noch eine Bibel, welche im Beſitze Zwinglis war. Esiſt dieß ein Exemplar der alterthümlichen Ausgabe der Vulgata oderkirchlichen Lateiniſchen Ueberſetzung, welche 1519 („Anno domini decimo nono supra millesimum“) 16. Oct. zu Lyon bei Jakob Mareſchalerſchienen iſt: nämlich nur das Alte Teſtament bis Bl. 400; auch fehlen das Titelblatt und die 29 Blätter der vorgeſetzten Tafeln u. ſ. w. Aufeinemvorgebundenen weißen Blatte aber ſteht von ZwinglisHand: Ex dono Magistri Nicolai Bauari. M. D. XXII. „Geſchenkt von M. Nicolaus aus Baiern. 1522.“ SodannſindanzehnStellenkleine Noten, auch Correcturen, von ihmbeigeſchrieben. Von dieſer Bibelſagteine Lateiniſche Inſchrift von alter Hand aufdemſelben vorgebundenen Blatt, nachdemſie die notierten Stellen angeführt, nebſt zwei andern, bei denen Zeddelchen eingelegt geweſen ſeien: Zwingli habegepflegt dieſelbe „mit dieſem (nicht mehr vorhandenen) Futteral (cum hac theca)“ mit ſich zu tragen. Urſprünglich ſcheint auch da geſtanden zu haben, Zwingliſei mit dieſer bei Kappel gefallen, was aber eine ſpätereHand geändert hat, wie es auch kaum möglich wäre, ſchon daß Zwingli das Buch nach Kappel genommen, und vollends daß es dannwieder nach Zürich gekommen wäre.! Wennaberdieſe drei beſchriebenen Erinnerungen an Zwingli neben dem perſönlichen zum Theil ein mehr gelehrtes Intereſſe in Anſpruch nehmen, ſo tritt um ſo anziehender das bloß Gemüthliche hervorin demletzten Schatze unſerer Bibliothek den wir den Leſern noch vorführen, dem zwar wohlbekannten, auch mehrfach ver— öffentlichten, doch noch nie völlig diplomatiſch abgedruckten Briefe Zwinglis an ſeine Gattinn— Bekanntlich hatte in Bern die Reformation ſich langſamer Bahn gebrochen als in Zürich, derentſcheidende Umſchwunggieng auch hier von der Veranſtaltuug eines Religionsgeſpräches aus, zu deſſen Beſuche die Obrigkeit am 17. Nov. 1527 die Einladung ergehen ließ. Dieſer Einladung folgte auch Zwingli, reisteam 2. Januar 1528 von Zürich ab, und kehrte erſt am 1. Februar wieder dahin zurück.? Inder Zwiſchenzeit ward ihm, wie wir oben geleſen haben, ſein Sohn Huldreich am 6. Januar geboren. Aufdie Nachrichthievon ſchrieb er ſeiner Gattinn den nachfolgenden kurzen Brief: Gnad vñ frid von gott. Liebste husfrow, ich sag gott danck das er dir ein fröliche ghurt uer— lihen hatt. Der vwelle üuns die nach sinem villen ze erziehen uerlyhen. Schiek miner bäsy j. oder ij. tuechly sölcher maass vnd wys als du sy treyst. sy kumpt zimlich doch nit bagynlich? ist ein frow von 40 iaren in alle wys vnd maass vie sy meister Jörgen frow beschriben hatt. Tut mir vn üns allen üher die maass güetlich. Bis hie mit Gott beuolhen. Gruetz mir glfatter schaffnerin. Vlman Trinckler: schultheiss effingerin, vñ wer dir lieb sye bitt gott für mich vn üns alle. Gebe ze Bernn xj. tagss Jenners. Gruetz mir alle dine Kind. besunder Margreten tröst in mine namen. Huldrych Zuiugli din huswirt. Schick mir so bald du kanst den Tol'ggenrock.“ 1 Hunc librum Zuinglius (cum hac theca) circam ferre solitus secum in prelio Capellano occubuit. Vorher aber ſcheint geſtanden zu haben solitus. Cum eo in prélio ete. Dießerinnert an die Fälſchung, mit der in einer auch auf der Stadt— bibliothek vorhandenen Liturgie auf Pergament die Jahrzahl 1535 (J. D. XXXV) durch Raſur in 1530 (M. D. XXX)verwandelt wurde, um die InſchriftSum Hulderychi Zuinglii Tigurini auf den Vater ſtatt auf denSohn zu beziehen. — Denbedeutſamen Moment, wie Zwingli auf dieſer Heimkehr mit den Seinen durch Bremgarten, woihmeineNachſtellung der Fünf Orte drohte, unter dem Geleite der Berner gezogen, hat noch jüngſt Herr Ludwig Vogel, dem wir neben ſo mancherklaſſiſchen Darſtellung vaterländiſcher Geſchichte auch Zwinglis Abſchied vor Kappel verdanken, in einer reichen lebenvollen Zeichnung verewigt. — 3,„Sie kleidetſich ſittſam, doch nicht wie eine Begine, geiſtliche Schweſter.“ — Wahrſcheinlich ein Hauskleid das ſich der Dintenflecke gewohnt iſt. Da bis in die — 8— Die Aufſchrift außen: Der frowen Anna Reinhartin ze Zürich siner lieben husfrowen, Wir haben nur Weniges zur Erläuterungbeizufügen. Meiſter Jörg möchte vielleicht Magiſter Georg Binder ſein, Ludimoderator und Chorherr von 1524 bis 1545, der mit Zwingli wohlbefreundet war, an der Beſchreibung des Geſpräches von den Bildern und der Meſſe arbeitete,und eine Schrift von Zwingli, auch ein Schauſpiel des W. Gnapheus aus demLateiniſchen überſetzte; freilich wiſſen wir nichts von deſſen Verheuratung. Die Gevatterinn Schaffnerinn im Oedenbacher Kloſter, Frau Anna Kellerinn, die Pathinn des Knaben Wilhelm, kennen wirſchon aus der Hauschronik, ſowie die Pathen des Neugebornen, Ulrich Trinkler, der hier mit der vertraulichen Form des Namens Ulmannheißt, und die Witwe des Schultheißen Effinger. Margareta iſt das älteſte der Kinder aus der erſten Ehe von Anna Reinhard, ſeit 1527 an Anton Wirzverheuratet: vielleicht war es der Tod eines geliebten Kindes, der ſie des Troſtes der Eltern bedürftig machte. Gerne würden wir nun auch das Bild der Empfängerinndes Briefes, dieſer lieben Hausfrau des Reformators, zeichnen: aber leider wiſſen wir in Wirklichkeit ſehrwenig von ihr.“ Anna Reinhard war geboren 1484, ihr Vater war Oswald Reinhard, Gaſtwirth zum Rößli. Familienſchriften berichten von ihrer ausgezeichneten Schönheit: 1504 ward ſie die Gemahlinn von Hans Meyer von Knonau, wider Wiſſen und Willen ſeines Vaters, der den Sohn darumgänzlich von ſich entfernte. Wie dann des Großvaters Sinn durch den Anblick ſeines Enkels erweicht wurde, ſo daß er dieſen zu ſich nahm, iſt aus dem Neujahrſtück der Stadtbibliothek auf 1821 und MartinUſteris lieblichem Bilde wohl Vielen unſrer Leſer bekannt. Hans Meyer ſtarb ſchon 1517 und hinterließ drei Kinder,“ ſeine Witwe blieb in ſeiner Wohnung im Höfli. Daß Zwingli ſchon 1521 mit der Familie befreundet war, zeigt ein Brief des jungen Gerold an Zwingli aus Baſel,“ 1523 widmetedieſer dem Jüngling als Badgeſchenk ſeine Schrift von der Bildung edler Jünglinges Am2. April 1524feierte Zwingli mit Anna Reinhard ſeine Hochzeit: „dabey war mancherehrlicher redlicher Mann“.s Ueber ihre Stellung und Lebensweiſe, ſeit ſie Zwinglis Gattinn war,findet ſich eine merkwürdige Stelle in deſſen Schrift vom Predigtamt vom Jahr 1525, woer dasGeredederSectierer wider der Geiſtlichen und namentlich ſeine Pfründen und angeblichen Reichthümer widerlegt. „So vil zwingend mich die vnfridſamen predger zereden von minen dingen wider allen minen willen. Miner hußfrowen Anna Reynhartin halb, gebend ſy allenthalben vß wie rych ſy ſye, die doch nit eines hallers wärt gut mee hat wedervierhundert guldin, neuſte Zeit das Stück des Blattes, auf welchem außen die Aufſchrift ſteht, umgeſchlagen war, ſo fehlten von dieſer Nachſchrift das erſte und letzte Wort „Schick“ und „Rock“, daher man das Uebrige entweder wegließ wie in dem Abdruck mit Facſimile der Unter— ſchrift in der Denkſchrift der Muſeum-Geſellſchaft zur Feyer des 24. Juni 1840. S. 5. oder nicht verſtand, wie in Zwinglis Werken VIII. S. 134 Nachhut von dem Nachtmaloder der Danckſagung Chriſti, durch Huldrychen Zwinglin in Latin beſchriben vnd durch Georgen Binder vertütſchet. 15325 und 1526. — Acolastus. Ein Comoedia von dem Verlornen Sun, Luc. am 15vertütſcht vnnd gehalten zu Zürich im jar M. D. XXXV. Inder Vorrede: Ich hab nunetwanvil jaren hie Zürich mit minen knaben vil der Latiniſchen vnd Griechiſchen comoedien Terentij vnd Ariſtophanis geſpylt, damit die jugend geuept erlernte der red (die ſuſt an jro ſelbs todt) ein wäſen vnd läben gäben mit der action vnd vßſprächen u. ſ. w. Vgl. noch Act. Eccl. II. 55 b. IIII 502 b. — 2 S.Beßhatin ſeiner Anna Reinhard (Zürich, 1820. 2 Auflagen.) alle erdenklichen Vorzüge auf die Frau, die er verherrlichen wollte, zuſammengetragen und eine Menge Dingeausgeſchmückt und geradezu erdichtet, ſo daß das Buch dem anGeſchichte und ſelbſt dem anbeſſere geſchichtlicheRomane gewoͤhnten Leſer unerträglich wird. Es iſt dieß um ſo mehr zu bedauern, als der fleißige und kundige Sammler wieder gute Notizen an die Hand gibt. — 3 Margareta, geb. 15085, heuratete 1527 Anton Wirz, der bei Kappel fiel, nachher Seckelmeiſter Hans Eſcher vom Luchs, ſtarb 1549. Agatha, geb. 1507. heur. 1528 Hans Balthaſar Keller. Gerold, geb. 1509. heur. Küngold Dietſchi, ward Großrath und Stetrichter, und fiel ebenfalls in der Schlacht bei Kappel. — Zwinglis Werke VII. 181. 1521, 20. — ⸗ Quo pacto ingenui adolescentes formandi sint. Turici, 41623. Baslleae 4823. Aus. Vind. 4824. Turici 4864. Deutſch 1524. 1526 Werke 1V. 148. — * Weiß, Füeßlin IV. 47. Ueberdie ſchon 1522 eingegangene Eheſ. die erſchöpfende Darſtellung von Chriſtoffel, Huldreich Zwingli, S. 105**). 2 — —— one ir kleinot vnd kleider: dero hat ſy weder ſydengwand noch ring nimmer meegetragen, für das(ſeit) ſy mich genommenhat, ſonder wandlet (geht einher) wie ander gmeyn Handwerckslüten eewyber. Das lybding das iro ire kind die Meyer gebend, bedarff ſy wol zu irer vfenthaltung (ihrem Unterhalt): ſy iſt zu viertzig jaren, vnd vallend ſy täglich kind an (kann ſie noch immer Kinder bekommen), darumb ich ouch ſy genommen hab. Dablappend ſy von demgröſten gut und kleidung, vnd weißt aber mencklich das ſy iro unrechttund. — Ire kind habend rychtag gnug, Gottverlych inen das ſy die recht bruchind; aber von demgutaller wird iro nit ein haller vßgenommenire kleider vnd kleinot, ſamt dem lybding, das iſt dryßig guldin. Ich habirouch verwilligot ir morgengab darin laſſen vertädingen (inbegriffen ſein zu laſſen) vnd nimm mich ires guts nitumm ein haller an.““ Indenübrigen unserhaltenen Briefen Zwinglis kommtſeine Gattinn unſers Wiſſens nur noch zweimal vor, in den Schreiben die er nach ſeiner heimlichen Abreiſe nach Marburg am 5. Sept. 1529 aus Baſel und am 6. aus Straßburg an „Burgermeiſter, Oberſte Meiſter und Verordnete der Statt Zürich“ erließ. Imerſtern heißt es: „Sag Meiſter Stoll miner Husfrowen all ſach ſovil einem wyb ze ſagen iſt, denn ich bin von ir geſchiden das ich nit mee geſagt hab dennich wölle gen Baſel, da habich geſchäft“: imletztern als Nachſchrift: „Ich bitt euch, wollet miner lieben Hußfrowen min ankommen gen Straßburg anzeigen“. Es iſt nach der Weiſe jener Zeit kein gefühlsreiches Weſen das uns aus dieſen Briefen und Aeußerungen entgegentritt, aber eine treue Herzlichkeit, die uns erkennen läßt, daß die Gatten ſich aufrichtig liebten und des Lebens Glück und Sorgen in Gottesfurcht und Seelengemeinſchaft theilten. Und wenn wir gleich von Anna Reinhart wenig wiſſen, ſo darf uns doch feſt ſtehen, daß Zwinglis geliebte Gattinn eine edle Natur war und ihre leibliche Schönheit von Anmuth und Hoheit des Geiſtes gekrönt, wie ſie, wahrinaller Dichtung, Fröhlich in ſeinem Ulrich Zwingli (Geſang XI. XII.) geſchildert hat. Die Schlacht bei Kappel raubte ihr den Gatten, den Sohn, den Bruder, den Tochtermann und den Mann ihrer Schweſter. Noch ſind drei Troſtbriefe vorhanden, welche ihr Capito und Buzer aus Straßburg und Michael Keller von Augsburg geſchrieben: das ſchönſte Denkmalihres Leides hatihr derDichteraufgerichtet in dem köſtlichen Liede: „Der armen Frow Zwinglin Klag“.“ Wir haben ſchon angeführt, wie Bullinger, der Zwingli im Amte des Pfarrers am Großmünſter folgte, die Witwe ſeines väterlichen Freundes zu ſich nahm, und wie ihr Sohn ſein Eidam,ihre Tochter die Gattinn ſeines zweiten Pflegeſohnes wurde. Sieſelbſt aber trug noch ſieben Jahre den Schmerz der Vereinſamung: am Neujahrstag 1539 ſchrieb Bullinger an Vadian: Zwinglis Gattinn iſt etliche Wochen ſchwer darnieder gelegen, endlich iſt ſie in dieſen Tagen wunderbar ſelig zum Herren hinübergegangen. Noch benutzen wir dieſe Gelegenheit, um einige bisher ungedruckte Briefe Zwinglis zu veröffentlichen, da auch die kleinſten und beiläufigen Schreiben zur Anſchauung von dem Leben des Reformators und jener Zeit nicht ohne Werth ſind. Vondem Predig Ampt. Bl. Diij. Werke lI, 1. S. 820. Vergl. die ſchon angeführten Verhandlungen mit den Verwandtenbei Heß, Anna Reinhard. S. 192-194. (286-288.) — ꝰ Werke VIlI. 3862 f. 1529, 104. 105. Was Heß S. 137 ff. (2od ff.) von einem Briefe Zwinglis an ſeine Gattinn mit der Schilderung der Gattinn von MatthäusZell erzählt, iſt nicht nur rein aus der Luft gegriffen, ſondern im Widerſpruch mit der Bitte an Stoll. Dieſer iſt wohl der Zunftmeiſter und Hauptmann, der 1528 Zwingli zur Reiſe nach Bern ander Spitze der Zimmerleutenzünfter das bewaffnete Geleite bis zur Berniſchen Grafſchaft Lenzburg gab (Bullinger Ref. 1. 427), ſpäter Landvogt zu Sargans, geſt. 1542. — 2J.Martin Uſteri in den Alpenroſen auf 1820, mit anmuthiger, nach ſeiner Weiſe mit ſinnreichen Einzelheiten erfüllter Zeichuung. Dannvielfach abgedruckt. — — Dererſte dieſer Briefe,von dem uns eine genaue Copie zugekommen, ward in dieſem Jahre aufeiner Auction in Leipzig zu höchſtem Preiſe verkauft, nebſt einer Anzahlgleichzeitiger Briefe, die wahrſcheinlich ehe— mals der Vadianiſchen Bibliothek in St. Gallen angehörten und von dort im ſiebzehnten Jahrhundert durch M. Goldaſt möchten nach Bremenverſchleppt wordenſein. An herren Burgermeéister von Watt zu Santgallen synen vererenden herren. Graciam et pacem à Domino. Excidit mihi clarissime Vadiane, an tibi nuper indicauerim quod Oeécolompadii sententia de asserenda excommunicacione, quod ad me pertinet non magnopere dis- pliceat, quamuis nostros videam satis dissimulare. Nunc igitur tempus eérit de illa exercenda con- sultare, sunt enim plus quam multa quae perspecta oportet quam éam inautorare. Sed haec nunc missa facio. Alterum est, quod in hoc significo, ut quod consultissimum sit ostendas. Cum Cons. Hebold salodurensis Augustae fuit, quaedam vana quaedam uero perfidiosa éffutiuit. Vt tapetium Vrsi sudauerit et vt malit postliminio Austriacam domum recipere quam fidem nostram. Quseé vestri exploratores literis uobhis indicarunt, vos ad nostros probuleutas: nostri uero ad Bernensium probu- leutas dederunt, sed tacenda. Hic Petrus Sepianus uir aliäs prudens ac pius sed acer, odio istorum hominum, quod significatum érat incautius profudit. ld cum ad Heboldum deélatum est, actionem iniuriarum in illum parat, ut est huius hominum generis impudentia. Pétrus per literas monuit nostros ut sese parent ad respondendum, se éenim dictum in nos translalurum. Nostri cum ex uestris literis habheant, quod ille iratus extulit, Heboldum expectant. Roistius igitur et ego, ut recte ohuiam eatur hominis audaciae, consensimus ut tibi res omnis adperiatur. Quo explorés anne Andréas uester sistere autorem sermonum huiusmodi possit, dubium enim non est, longe insulsiora et perfi- diosiora expui ahb illis, attamen si autorem qualemcunque sistere non audeat, saepe enim ſit ut autorem indicasse fidelem proditio sit, ut potius contuméliosinomen quam proditoris eligendum sit, subindica et aliud ludendi hominis consiliſum reperi?) Si uero sistere Augustae saltem possit autorem uel auditorem, iterum indica, ut senem ad uos relegemus: vos autem Augustam. Tenes rem. Quamuis credam hominem actionem non instituturum, perierunt enim iam hebdomadae aliquot, quihus nihil égit. Age quod res postulat. Bucerus apud nos est. inuenit Luterum aliquanto placa- tiorem. Ipsj ab eo permissum est in négocio transigere pro virili, hac tamen lege ne quicquam uulgetur ni partes preuiderint et consenserint. Vale. 13. die octobr. 1530. H. Zuinglius tuus. Gnade und Friede vom Herren. Miriſt entfallen, geehrter Vadian, ob ich dir neulich angezeigt habe daß die Anſicht Oecolampads von der Aufſtellung des Kirchenbannes mir für meine Perſonnicht übelgefällt, wiewohl ich ſehe, daß unſre Leute davon wenig wiſſen wollen. Jetzt wird es alſo Zeit ſein, über deſſen Hand— habung zu berathſchlagen; denn es iſt gar vieles das zuvor muß erwogen ſein ehe man ihn einführt. Doch davonjetzt nicht weiter. Das Andere ſchreibe ich darum, damit du miranzeigeſt was das Gerathenſte ſei. Als der Schultheiß Hebold von Solothurn zu Augsburg war,hatereiniges Eitles, aber auch einiges Treuloſes geſchwatzt. Wie das Altartuch von St. Urſus geſchwitzt habe,“ und wieer lieber wollte das Haus Oeſtreich hinterrücks annehmen, als unſern Glauben. Dashabeneure Kundſchafter euchbrieflich berichtet, und ihr an unſern Rath: die Unſern ) VBgl. Hottinger Geſch. der Eidg. II. 290 317. aber an den Rath zu Bern, doch daß manes verſchweige. Da hat Peter Sepianus einſonſt kluger und frommer aber heftiger Mann, aus Aerger über jene Leute, was angezeigt worden war, etwas unbeſonnen aus— geſchwatzt. Und wie das anHebold hinterbracht wurde, rüſtet er eine Klage auf Schmähung gegen jenen, wie ſolche Leute unverſchämt ſind. Peter hat die Unſern in einem Briefe gemahnt ſich auf eine Antwort zu rüſten, denn er werdeſich für die Rede auf uns berufen. Da die Unſern aus eurem Briefe haben, was jene im Zorn ausgebracht, ſo erwarten ſie den Hebold. Deßnahen ſind Roiſt und ich, um der Kühnheit desMannes recht zu begegnen, übereingekommen, die ganze Sache dir zu eröffnen. Forſche darum nach, ob euer Andreas? einen Gewährsmanndieſer Reden ſtellen könne: es iſt nämlich kein Zweifel daß noch weit einfältigere und treuloſere Dinge von jenen ausgeſtoßen werden. Jedoch wenn er nicht wagt, irgend einen Gewährsmann zu ſtellen — denn oft wird die Anzeige eines treuen Gewährsmannes zum Verrath, ſo daß man lieber den Nameneines Schmähers als eines Verräthers auf ſich nimmt — ſo zeige es mir anundſuche einen andern Wegjenen los zu werden. Wenneraber wenigſtens einen Gewährsmann oder Ohrenzeugen zu Augsburg ſtellen könnte, ſo zeige mir es wieder an, damit wir den Alten an euch weiſen, und ihr nach Augsburg. Obwolich glaube, der Mannwerdedie Klagenicht anſtellen; denn es ſind ſchon einige Wochen vergangen, in denen er nichts gethan. Thu was der Sachedienlich iſt. Buzer iſt hier. Er hat Luthern etwas ruhiger gefunden. Dieſer hat ihm die Erlaubniß ertheilt in der Sache zu unterhandeln ſo gut er könne, doch mit der Bedingung daßnichts veröffentlicht werde, wenn es nicht beide Theile zuvor geſehen und einverſtandenſeien. Lebe wohl. 13. Tag Octobers, 1530. Dein H. Zwingli. Der zweite kleine Brief Zwinglis befindet ſich im Beſitze des Herrn Pfarrers Hopf in Bern, der uns denſelben gütig zur Veröffentlichung mitgetheilt hat. Erſchließt ſich der Zeit nach an die beiden Briefe Zwinglis, welche Herr Decan Rüetſchi in den Theologiſchen Studien und Kritiken 1863 S. 535ff, veröffentlicht hat. Zwei ſpätere Briefe an den Propſt, Niclaus von Wattenwyl ſtehen in Zwinglis Werken VIII. 151 ff. 1528, 24. 25. Ueber den Empfängerdieſer Briefe vergleicheman die Notizen des Herrn Decan Rüetſchi am an— geführten Orte. Praestantissimo Viro domino Nicolao aà Vatltenuil fratri et patrono suo singulari. Gracia et pax a deo. Non suppeétit tantum ocii doctiss. simul ac piissime Nicolae ut cuncta liceat scribere quae plurimum tamen reéfert uos scire, quapropter Heinrycho schnevlino Edeli in domino fratri, rerum capita consignaui ut ore referat quae per epistolas signibcare non potui. salui sint omnes uestri presertim Bertold. Sebast. Lupulus. Trempius. seruetque uos omnes dominus cum écclesia uestra incolumes ex Tiguro .7. die Maii M. D. XXIIII. Huldr. Z. tuus ex animo. An denhochachtbaren Herrn Niclaus von Wattenwyl ſeinen Bruder und beſondern Gönner. Gnade und Friede von Gott. Ich habenicht ſo viel Zeit, mein gelehrter und auch frommer Nicolaus, daß ich alles ſchreiben könnte was doch euch zu wiſſen ſehr wichtig wäre. Darumhabeich dem Heinrych Schnewlin, meinem getreuen Bruder im Herrn, die Hauptſachen bezeichnet, damit er mündlich berichte, was ich nicht brieflich melden konnte. Mögenalle die Euern wohlauf ſein, zumal Bertold, Sebaſtian, Lupulus, Tremp,“ und mögeder Herr euch ſamteurer Kirche unverſehrt alle erhalten. Aus Zürich, 7. Tag Mayen 1524. Huldr. 3. der deine von Herzen. 9 Der Venner Peter im Haag. S. Zwinglis Werke, VIII. 151. 152, wo er A Saepe und Saepianus heißt. — ) Wahrſcheinlich Andreas Eck, der am Gubel umkam, „ein geleert dugendrych man“. Bullinger Ref. III. 2085. — Berthold Haller, der bekannte Reformator Berns; ſ. deſſen Leben von C. Peſtalozzi, Elberfeld 1861. — Sebaſtian Meyer aus demElſaß, Prediger und Leſemeiſter — — Endlich befindet ſich noch im hieſigen Staatsarchiv nachfolgendes kleine Briefchen, in Zürich von Haus zu Hausgeſchickt, ein Billetwie wir es heute nennen. Wir verdanken deſſen Nachweiſung, wie auch die der meiſten oben gegebenen Notizen, der freundlichen Mittheilung des Herrn Decan Mörikofer, aus deſſen Hand wir bald eine neue, auf das reichſte Quellenſtudium gegründete, Darſtellung Zwinglis zu empfangenhoffen. Vocabis ad prandium nostrum D. Fuchsstein: et viatorem qui Hesso venit qui apud Ranam diuertit sine populum. Tu quoque adsiis neque pacieèris eos negare, Vilelmum itidem hospitem Fuchssteini. Hora nona éditur. mihi non vacat abire domo. H. Zuinglius tuus. Duwirſt zu unſerm Imbiß den Herrn Fuchsſtein einladen: und den Läufer (Weibel) (2) der zu dem Heſſen kam, der beim Froſch oder Pappelbaume ſeine Herberge hat. Auch duſei dabei, und laß jene nicht ablehnen. Auch Wilhelm den Wirth des Fuchsſtein. Um neunUhrwirdgegeſſen. Ich habe nicht Zeit aus dem Hauſe zu gehen. Dein H. Zwingli. Der Heſſe Herr Fuchsſtein möchte der Fuchsſteiner ſein, über den ſich ſpäter Zwingli beim Landgrafen von Heſſen beklagte.“ Dannfiele das Briefchen etwa in's Jahr 1529. Ob Froſch und Pappelbaumdie Häuſer zur Froſchau und zur Linde ſind? Inbeiden wohnten wenigſtens ſpäter öfters Fremde. Den Wilhelm kennen wir leider nicht. Die frühe Speiſeſtunde ſcheint darauf zu deuten, daß es ein ſolennes Eſſen, etwa auf der Chorherrnſtube, galt. der Barfüßer in Bern, Heinrich Lupulus von Bern, Schullehrer (deſſen Unterricht Zwingli beſuchte), dann Chorherr. S.die Nachweiſe bei Rüetſchi a. a. O. — Rathsherr Leonhard Tremp von Bern wirdüberall als der Gatte von Zwinglis Schweſter genannt, wir wiſſen nicht auf welche urkundliche Grundlage hin. Daß die im Briefe an Anna Reinhard beſprochene „Bäſy“ nicht Zwinglis Schweſter war, iſt aus ihrer Beſchreibung als einer vorher Unbekannten klar. Alſo wohnte entweder Zwingli damalsnicht bei Tremp, oder dieſer war nicht ſein Schwager im heutigen Sinne des Wortes, welches damals auch vonviel weiterer Verwandtſchaft durch Heurat gebrauchtward. — 2 S. Werke VIII. 584. ————